Pastis und Pétanque

Alle Angaben stammen von Rudolf Mohler

In Nippur, der babylonischen Hauptstadt, wußte man schon vor mehr als siebentausend Jahren um die Heilkraft der Anispflanze und stellte ein Heilmittel aus maceriertem Anis, Süßholz und Zimt gegen Pest und Cholera her. Im 15. Jahrhundert vor Christus ist der Handel mit Sternanis (französisch badiane) aus dem Herkunftsraum China in den Mittelmeerraum nachgewiesen. Die alten Griechen und Römer wußten die Heilkraft des Anis ebenso zu schätzen wie seine degustativen Qualitäten, weshalb sie den Sternanis sehr wohl auch in der Küche verwendeten.

Herkunft von Pastis

Die wirkliche Heimat aller modernen Pastis aber ist die Schweiz, genauer der Neuenburger Jura, und das angrenzenden Gebiet von Pontarlier im französichen Jura, denn der Ausgangspunkt ist der Absinthe, auch fée verte genannt.

Seit altersher wurde aus dem Anis und der Wermut-Pflanze ein Elixir hergestellt, das man bei Magenleiden mit Erfolg einsetzte. Ende des 18. Jahrhunderts stellte "Mère" Henriod im Val-de-Travers, Kanton Neuenburg, ein solches Elixir her, das von Ärzten verschrieben wurde. Major Dubied erkannte den kommerziellen Nutzen und erwarb das Rezept.

Zusammen mit seinem Schwager Henri-Louis Pernod richtete er eine Absinthe-Distillerie in Couvet ein. 1805 "verschob" sich Henri-Louis Pernod nach Pontarlier, von wo das Abenteuer Absinthe und dann später das Abenteuer Pastis seinen Ausgang nahm.

In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts kam der Absinthe ins Visier der Kämpfer gegen den Alkoholmißbrauch und bis zum Ersten Weltkrieg wurden vornehmlich in Frankreich (1915) und der Schweiz Absinthe-Verbote durchgesetzt. In der Schweiz ist der Absinthe seit dem 7. Oktober 1910 grundsätzlich verboten, mit einer gewissen Lockerung in Anpassung an die Grenzwerte im EU-Recht. (Ist das nur ein Zufall, daß der Autor Jahrzehnte später am gleichen Tag geboren wurde?) In der Folge wurden anisierte Alkoholgetränke ohne die Wermut-Pflanze entwickelt. 1922 wurde in Frankreich auf gesetzlichem Weg der maximale Alkoholgehalt auf 40° festgelegt und später auf 45° heraufgesetzt.

1932 entwickelte der junge Paul Ricard einen neuen Typus, dem er réglisse (Süßholz) beigab. Er gab diesem Ricard den Werbe-Slogan mit auf den Weg "Le vrai pastis de Marseille". Damit war auch der Begriff Pastis für diese Art Getränke kreïert.

Im Zusammenhang mit dem Krieg wurden in Frankreich im Jahre 1940 alle anisierten Getränke verboten und erst 1951 wieder zugelassen. Die Firma Pernod, die sich längstens schon in Südfrankreich angesiedelt hatte, nahm diese Wiederzulassung zum freudigen Anlaß, einen neuen Pastis zu lancieren, den Pernod 51 mit 45°Alkohol. Da Pernod von jeher den Alkoholgehalt in die Produkt-Bezeichnung aufgenommen hatte - Pernod 40 und dann Pernod 45 - , wurde die neue Marke falsch interpretiert. Erst mit der Neubezeichnung Pastis 51 setzte sich dieses Produkt an die Spitze der Umsatzlisten.

Es gibt schon lange eine Tradition von gewerblichen Distillateuren, die neben andern Produkten ihren Pastis herstellen. Erfreulicherweise hat sich in den letzten 25 Jahren eine breite Entwicklung eingestellt, so daß heute neben unstreitig guten, industriell hergestellten Produkten eine große Palette an pastis artisanals entstanden ist, die oft von hervorragender Qualität sind.

Zubereitung des Pastis

Alle Produkte, die zu den Gruppen der Absinthes, Apéritifs anisés und Pastis gehören, werden grundsätzlich erst als Mischung der Ingredienz mit Wasser zum genußfertigen Getränk. Die nachfolgenden Hinweise gelten für alle drei Gruppen.

Mischungsverhältnis

Die meisten Hersteller empfehlen, auf einen Teil Pastis fünf Teile Wasser zu nehmen. Das ist Geschmackssache; ich liebe konzentriertere Pastis und mische je nach Pastis und persönlicher Stimmung einen Teil Pastis mit 1 1/2 bis 2 1/2 Teilen Wasser.

Wasser

Für einen schönen Pastis lohnt es sich, ein weiches, möglichst neutrales Wasser und nicht einfach Leitungswasser zu nehmen. Besonders gut eignen sich Wattwiller und Evian - und auf keinen Fall Wasser mit Kohlensäure. Es empfiehlt sich, die Eiswürfel aus dem gleichen Wasser herzustellen.

Reihenfolge

Man soll immer zuerst das Wasser in den Pastis gießen und erst nachher Eiswürfel zugeben. Wenn man die Eiswürfel zuerst hineingibt, nimmt jeder Pastis eine mehr oder weniger bitterliche Note an. L'abbé Jean Boyer, der Entwickler der Pastis Boyer, empfahl sogar, zuerst das Wasser ins Glas und dann den Pastis dazuzugeben:

"de verser l'eau d'abord puis le pastis, ce qui évite la saponification (développement d'un petit goût de savon désagréable) et favorise l'estérification (le développement des arômes par réaction chimique); faire tourner ensuite le mélanger avant de boire".

Zucker

Alle Pastis und fast alle Apéritifs anisés sind von der Produktion her schon mehr oder weniger gesüßt. Somit erübrigt sich die Beigabe von Zucker. Anders ist es mit Absinthe. Absinthe ist grundsätzlich nicht gezuckert und durch den Wermut ohnehin noch bitterer als die andern Getränke der Gruppen Pastis und Les Anis. Deshalb legt man über das Absinthe-Glas einen Absinthe-Löffel, setzt ein Stück Zucker drauf und lässt das Wasser in kleinen Tropfen über den Zucker in den Absinthe laufen.

Mehr Info über Pastis und Absinth auf Rudolf Mohler's Website

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